Ein bisschen was zu meiner Computer-"Karriere".
Part One:
Ich bin eigentlich ein Spätzünder, was Computer angeht. Zum ersten mal richtig in Berührung mit dem Thema gekommen bin ich Mitte der 80er Jahre. Ich hatte gerade meine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker hinter mir und den Zivildienst absolviert, aber noch keinen richtigen Job. Also jobbte ich als Fahrer bei einem Taxiunternehmen in Düren, welches auch einen Kurierdienst betrieb. Ich musste immer morgens einige Mitarbeiter des Mittelrheinischen Rechenzentrums (MRZ) von der Verwaltung in Düren zum eigentlichen Rechenzentrum nach Frechen fahren. Das Rechenzentrum verarbeitete seinerzeit Daten für verschiedene große Firmen und druckte die Ergebnisse auf Endlospapier, welches dann in Kisten verpackt und an die Firmen ausgeliefert wurde. Letzteres war dann meine Aufgabe. Ich übernahm meistens morgens diverse Pakete mit Printouts und lieferte diese dann an Firmen in Düsseldorf, Bochum, Dortmund und Aachen aus. Zwischendurch mussten auch schon mal Magnetbänder mit Backups von Düren nach Frechen und umgekehrt transportiert werden. Datenfernübertragung fand damals noch so gut wie gar nicht statt. Zumindest war es schneller, die Daten per Auto zu transportieren als über die schmalbrüstigen Datenleitungen, die seinerzeit vielleicht existiert haben.
So hörte ich dann morgens und abends die Mitarbeiter des MZR über Bytes, Datenträger, Hercules-Grafik oder MS-DOS reden, sah im Rechenzentrum die ganzen ratternden Maschinen und Bandlaufwerke sowie die damals hochmodernen Plattenspeicher - Kühlschrankgroße Geräte und Vorläufer der heutigen Festplatten - sowie ganze Flotten von Hochleistungsdruckern, die mit Endlos-Linienpapier gefüttert wurden. Was es mit "Betriebssystemen", "DOS" und all den Fachbegriffen auf sich hatte, wusste ich damals noch nicht, aber dieses ganze Technik-Gedöns faszinierte mich. Außerdem betrieb das MRZ damals auch einen Laden für PCs und Zubehör, wo ich auch hin und wieder hinbestellt wurde, um irgendwelche Hardware an Kunden auszuliefern. Dort flimmerten im Schaufenster diverse Monitore und zeigten, was so ein PC denn so kann.
Vollkommen gebannt war ich, als eines Tages dort neue Geräte mit dem "Amiga" Markenlogo zu sehen waren. Ich war hin und weg über die tollen Grafiken, die der Amiga imstande war darzustellen, allen voran das Abbild des Tut Ench Amun, mit dem das seinerzeit brandneue "Deluxe Paint" beworben wurde.
Zeitweise lief auch die berühmte "Juggler Demo"
Das Ganze war so anders als diese drögen Vierfarb-Grafiken auf den sogenannten IBM-PCs. Ich fing an, die damals einschlägigen PC-Magazine zu kaufen und lernte so erstmal die ganzen Fachbegriffe und was sie bedeuteten und verschaffte ir einen Überblick über das, was die verschiedenen Computersysteme so können. Der C64 bzw. der C128 waren komplett an mir vorbeigegangen, die "IBM-Kompatiblen" ließen mich kalt, weil da grafisch nicht viel ging, doch diese Amigas interessierten mich. Es ging auf Weihnachten zu, und da meine Eltern noch kein Geschenk für meinen jüngeren Bruder hatten, habe ich sie auf den Amiga aufmerksam gemacht. Er bekam den damals brandneuen Amiga 500 mit Kickstart 1.3 nebst A1084 Monitor und einem Epson 24-Nadeldrucker. Die Tage und Wochen nach Heiligabend war ich erstmal damit beschäftigt, das Ding ans Laufen zu bekommen, herauszufinden wie Games gestartet werden und Backup-Kopien der mitgelieferten Workbench- und "Extras"-Disketten zu erstellen. Ich wohnte zwar damals nicht mehr im Haus meiner Eltern, da ich bereits verheiratet war und einen eigenen Haushalt hatte, aber so oft es ging besuchte ich meinen Bruder und machte meine ersten Gehversuche am Amiga.
Ich kam relativ schnell zurecht und kaufte mir bald einen eigenen gebrauchten A500 nebst A1084 Monitor (andere passende Bildschirme gab es seinerzeit so gut wie gar nicht). Dabei war auch ein ganzer Haufen Disketten mit diversen Games. Noch mehr faszinierten mich jedoch Grafikprogramme, Tools zum Musikmachen wie der Soundtracker oder die überall kursierenden "Megademos". Schnell hielt eine Speichererweiterung Einzug und der Amiga verfügte nun über sagenhafte 1 Megabyte Speicher, aufgeteilt in 512 KB Chip- und 512 KB Fastram. Diese Aufteilung basierte auf der Tatsache, dass die Spezialchips des Amiga direkt nur auf das sog. "Chip-Ram" zugreifen konnten. Das "Fast-Ram" konnte jedoch als erweiterter Speicher von anderen Programmen genutzt werden.
Es ging dann sehr schnell weiter. Da ich bald die Nase voll hatte, alles von Diskette zu starten, kaufte ich mir eines der damals brandneuen Festplattensysteme für den Amiga. In einem Stahlgehäuse, das der Form des A500 angepasst war und seitlich an den Erweiterungsslot angesteckt wurde, steckte ein SCSI Hostadapter nebst Platte mit sagenhaften 42 Megabtye Kapazität! Das war seinerzeit unglaublich viel und ich konnte mir kaum vorstellen, dass ich die Platte auch nur annähernd voll bekommen würde. Als erstes kopierte ich meine liebevoll angepasste und erweiterte Workbench-Startdiskette auf die Platte und war vollkommen hin und weg, dass die Workbench bereits nach rund 2 Sekunden gestartet war. Von Diskette dauerte das gut 40 - 45 Sekunden, da beim Start auch diverse Tool und Gimmicks mit gebootet wurden. Ich war dann erstmal ein paar Wochen beschäftigt, die neuen Möglichkeiten auszuloten, die Workbench anzupassen und diverse Tools zu installieren. Das Leben war herrlich!
Dann kam Kickstart und Workbench 2.0 auf den Markt, die Amiga-Fachblätter, die ich mittlerweile fast ausschliesslich las, waren voll des Lobes über diese modern aussehende Arbeitsoberfläche. Auf der nächsten anstehenden Amiga-Messe in Köln kaufte ich mir das Upgrade-Set nebst neuem Custom-Chip "Fat Agnus". Mit letzterem konnte man den Amiga auch mit 1024 KB Chipram betreiben. Hierzu musste nach dem Einbau mur ein Jumper auf dem Mainboard umgesteckt werden. Da mir das aber zu lästig war, lötete ich an die Jumper-Pins ein Kabel plus Schalter, der von außen betätigt werden konnte. Seinerzeit gab es nämlich noch einige Games, die mit 1 MB Chipram nicht zurecht kamen.
Auf der erwähnten Amiga-Expo kaufte ich mir außerdem noch zusätzliche Speicherriegel, da im Gehäuse der Festplatte auch zwei Steckplätze für Erweiterungsspeicher frei waren. So verfügte meine "Grafik-Workstation" nun über 8 MB Fastram, der reine Wahnsinn! Außerdem kaufte ich mir auf der Messe das damals frisch erschienene Maxon Cinema 4D. Damals noch bezahlbar und nur für den Amiga zu haben, hat sich dieses Programm zu einem DER Tools für Rendering und Animation entwickelt und kostete bis vor kurzem mehrere Tausend Euro, mittlerweile ist nur noch im Abo zu haben (ab rund 700,- EUR jährlich). Aber das nur nebenbei.
Ich lernte neue Leute kennen. In einem Amiga-Magazin fand ich in den Kleinanzeigen eine Info zu regelmäßigen Treffen von "A.U.G.E. 4000" (Amiga User Gemeinschaft Einzugsgebiet 4000). Ich packte also den Amiga 500 in den linken Koffer meines Mopeds (Suzuki GS400), Netzteil, Diskettenboxen und Diskettenlaufwerke in den rechten Koffer und den Monitor in den Tankrucksack und ab gings nach Düsseldorf. Bei den Treffen, zu denen oft mehrere Dutzend Leute mit ihren Amiga kamen, ging es hauptsächlich ums Kopieren von sogenannten "Freeware"-Disketten, die damals in ganzen Serien erschienen. AUGE4000 veröffentlichte selbst eine der größten Serien und ich hatte immer gut zu tun, der Disketten habhaft zu werden und zu kopieren. Mittlerweile besaß ich mehrere externe Diskettenlaufwerke, was das Kopieren deutlich vereinfachte und beschleunigte.
Außerdem wurden auf den Treffen immer die neuesten "Megademos" gezeigt. Diese Grafik- und Sounddemos wurden damals von diversen Unsern und Gruppen erstellt, teils als reine Fingerübung von Hobby-Codern, teils aber auch von Hackergruppen, die solche Demos als Intro mit auf gecrackte Games packten. Aus diesen zunächst nur kleinen Intros entwickelten sich dann die Megademos als eigenständige Spielart. Mit diesen Megademos wurde dann mal so richtig gezeigt, was im Amiga steckte. Tolle 3-D Effekte, eindrucksvolle Grafiken und packende Musik, das war damals meine Welt und ich hortete, was ich kriegen konnte. Meine Lieblingsdemo von damals: PHENOMENA von Enigma
Klar, heutzutage lockt man mit sowas keinen müden Hund mehr hinterm Ofen hervor. Damals war es eine Offenbarung.
Ich lernte außerdem ein paar User in meiner Heimatstadt Düren kennen, die damals ein Bulletin Board System (BBS) für Amiga betrieben. Das "Indigo"-BBS war fortan meine erste Anlaufstelle, wenn es um legale und manchmal auch nicht ganz legale Software ging. Admin des BBS war damals Marijan B., der zusammen mit Gregor "Log!cal" C. das Ding am Laufen hielt. Das war kein billiger Spaß, denn schnelle (und meistens illegale) Modems waren teuer und die Bundespost hielt fleissig die Hand für die Telefongebühren auf. Und wer hatte schon einen zweiten Telefonanschluß, um für normale Gespräche erreichbar zu sein, wenn das Modem mal wieder stundenlang die Leitung blockierte?
Von den Jungs von Indigo lernte ich in kurzer Zeit sehr viel über Amiga Hardware. Bald schon wurde der A500 durch einen A2000 mit zwei riesigen 240MB Festplatten und 68030 Turbokarte ersetzt. Die ersten echten Grafikkarten erschienen auf dem Markt und wir waren immer ganz vor dabei. Hardwaretüftler Log!cal zeigte mir diverse Tricks, wie man noch mehr aus Amiga rausholen konnte, zeigte mir wie ein Nullmodemkabel gelötet wurde und wie man eine Netzwerkkarte in den Amiga einbaut und betreibt. Die ersten Copyparties wurden veranstaltet, zunächst in meinem Wohnort Blens bei Heimbach, wo kurzerhand der öffentliche Gemeinschaftsraum angemietet wurde, der sonst für Vereinsitzungen genutzt wurde.
Längst war der ursprüngliche Amiga-Bildschirm, der nur PAL-Auflösungen darstellen konnte, durch einen VGA-Monitor ersetzt, mit dem man dann auch in Highres-Auflösungen und augenschonenden 60Hz arbeiten konnte. Dann kam der große Sprung zum Amiga 4000. Ich hatte bereits auf der Amiga-Messe vor Jahren die Firma Hirsch & Wolf kennengelernt. Die hatten sich damals auf den Amiga spezialisiert und konnten fast alles liefern, was das Herz begehrte. So orderte ich also Anfang der 90er den frisch erschienenen Amiga 4000/040 und fuhr persönlich nach Neuwied, wo Hirsch&Wolf ihren Laden hatten. Ich glaube, ich habe damals rund 4.000,- DM für das Ding auf den Tisch geblättert, davon entfielen alleine 1.600,- DM (!) auf die eingebauten 16 MB (!!) RAM. Wohlgemerkt nur der nackte A4000, ohne Festplatten, die ich ja bereits besaß. Da zu der Zeit der Amiga 4000 mit 68040 CPU nicht lieferbar war, bekam ich das Ding mit eingebauter "Warp-Engine" von Macrosystems, einer Turbokarte, die für den A3000 und A4000 angeboten wurde. Ein heißes Teil!
Rendern ging damit noch schneller als auf meinem A2000/030 und mit dem Gerät war ich der King in der lokalen Szene
So ging es noch eine Weile weiter. Da ich mittlerweile selbst einiges an Fachwissen angesammelt hatte, fragten mich auch mehr und mehr Kollegen und Bekannte, ob ich Ihnen nicht hier und da helfen konnte. Oder ich wurde um Reparaturen und Auf-/Umrüstungen gebeten. Oft musste ich auch Hardware besorgen, da ich ja diverse Quellen an der Hand hatte. Ich kam nun auch immer mehr in Kontakt mit den "anderen" Heimcomputern, denn immer mehr Leute kauften sich einen "DOS-PC", um Briefe zu schreiben oder die um sich greifenden Ego-Shooter wie Doom und Castle Wolfenstein zu zocken.
Bald schon stand auch der erste 386er bei mir, gebraucht von einem Biker-Kumpel gekauft. Ich arbeitete mich in DOS und Windows ein, lernte dazu und wurde nun auch hier immer mehr um Rat und Tat gefragt. der 386er wurde schnell ersetzt durch einen 486er, selbst gebaut mit dem damaligen Geheimtip, einer CYRIX 486DX4/100 CPU, die deutlich mehr Dampf hatte als alles, was man von intel bekam. Bald schon schraubte ich selbst komplette PCs für andere Leute zusammen und verdiente mir Kohle nebenbei. Ich arbeitete zu dieser Zeit als Maschinenführer in einer Papierfabrik, was zwar gutes Geld durch den Schichtdienst brachte, aber ein Scheißjob war. Ich hoffte, mit dem Handel mit Computern und Zubehör irgendwann mal selbstständig zu werden und den Job in der Papierfabrik an den Nagel hängen zu können.